Der Landesfrauenrat Sachsen e.V., die Fachstelle der LAG Gewaltfreies Zuhause Sachsen e.V. und die
Interventionsstelle gegen Häusliche Gewalt Ostsachsen haben am 11.03.2024 zum
Prozessauftakt um einen Femizid zu einer Kundgebung am Landgericht Görlitz aufgerufen.


Dem in diesem Prozess Beschuldigten wird vorgeworfen, seine ehemalige Partnerin getötet zu haben.
Die Frau konnte durch den Rettungsdienst nicht wiederbelebt werden und starb noch vor Ort an den
erlittenen Verletzungen. Die Frau aus Radeberg war 27 Jahre alt und hatte drei Kinder. Die Kinder waren
zum Tatzeitpunkt in der Wohnung anwesend. Wir werten den Fall als einen Femizid!


Die Definition eines Femizids umfasst die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts. Das bedeutet,
eine Frau wird getötet, weil sie eine Frau ist. Hinzu treten die Fälle von Machtdemonstrationen, in denen
statt der Frau die gemeinsamen Kinder getötet werden (Filizid). Der Tat geht oftmals eine
Trennungsabsicht der Partnerin voraus; für einen Femizid muss jedoch keinesfalls eine Beziehung
vorliegen. Auch Frauen, die sich bspw. Annäherungsversuchen eines Täters entziehen wollen, werden
Opfer von Femiziden. Es handelt sich hier um eine misogyne, geschlechtsbezogene Machtverdeutlichung
eines Mannes gegenüber einer Frau, die darauf abzielt, verlorene oder zurückgewiesene Besitzansprüche
an der Frau geltend zu machen.


Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt in ihrem Dossier über Femizide und Gewalt an Frauen,
dass weltweit alle elf Minuten eine Frau Opfer eines Femizids wird. In Deutschland wird durchschnittlich
jeden Tag eine Frau Opfer einer Gewalttat durch ihren (Ex-)Partner – jeden dritten Tag endet diese
Gewaltanwendung gegenüber den Frauen tödlich. Diese Zahlen sind erschreckend und beschreiben eine
globale Problemlage.


Die Rechtslage bezüglich Femiziden ist in Deutschland nicht einheitlich und verfestigt den Gedanken der
geschlechtsbezogenen Besitzansprüche oft sogar noch weiter. Das Motiv der niedrigen Beweggründe
(für die Anerkennung des Mordes) wird durch entsprechende Gerichte ausführlich und kritisch geprüft.
Der Bundesgerichtshof entschied dazu grundlegend: Tötet ein Mann seine (Ex-) Partnerin, weil die Frau
die gemeinsame Beziehung beenden möchte, so liegen keine niedrigen Beweggründe vor, weil sich „der
Angeklagte durch die Tat gerade dessen selbst beraubt, was er eigentlich nicht verlieren will.“ Im
Umkehrschluss bedeutet diese Entscheidung, dass den getöteten Frauen selbst eine Teilschuld für ihren
Tod zugesprochen wird, denn sie entzogen sich schließlich den Besitzansprüchen ihres (Ex-) Partners.

Wir verurteilen diese Sichtweise auf das Schärfste. Frauen sind kein Besitz! Sie tragen niemals die Schuld
an den Gewaltausbrüchen eines Mannes oder ihres (Ex-) Partners. Wir fordern deshalb: Sogenannte
„Trennungstötungen“ müssen flächendeckend als Femizide anerkannt werden. Die Besitzansprüche von
Männern an Frauen dürfen nicht weiter durch Gerichte legitimiert werden.


Wir fordern außerdem: Gewaltschutz vor Umgangsrecht! (Artikel 31 der Istanbul Konvention) Dieser
Artikel besagt, dass die Ausübung von Sorge- oder Umgangsrechten nicht zu einer Gefährdung der
gewaltbetroffenen Frau oder ihrer Kinder führen darf.


Wir sagen: Genug ist genug! Weitere Opfer müssen verhindert werden.