12. Juni 2025

Am 12. Juni 2025 fand im Rahmen unseres trilateralen Projekts die Online-Konferenz „Europa leben – Gleichstellungspolitik im Dialog zwischen Sachsen und Tschechien“ statt. Sie bot engagierten Akteur:innen aus beiden Ländern die Gelegenheit, sich über aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven der Gleichstellungspolitik offen, zweisprachig und grenzüberschreitend auszutauschen.

Gemeinsam mit dem Verbindungsbüro des Freistaates Sachsen in Prag konnten wir zahlreiche Vertreter:innen aus Verwaltung, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft zusammenbringen. Die Konferenz war zweisprachig (Deutsch/Tschechisch) organisiert und ermöglichte damit einen breiten, inklusiven Dialog zwischen Teilnehmenden mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen.

Impulse zum Auftakt

Zum Einstieg gaben zwei Fachbeiträge einen fundierten Überblick über die gegenwärtige Lage in beiden Ländern. Bernadette Rohlf sprach über die Gleichstellungspolitik in Sachsen, insbesondere über die Spannungen zwischen gezielter Frauenförderung auf der einen und wachsenden antifeministischen Tendenzen auf der anderen Seite. Die tschechische Juristin und Aktivistin Šárka Homfrey beleuchtete die aktuelle Situation in Tschechien, wo Gleichstellungspolitik nach wie vor auf viele strukturelle Hürden stößt.

Ein ursprünglich geplanter Workshop zur Istanbul-Konvention konnte aufgrund geringer Teilnehmendenzahl nicht im geplanten Format stattfinden. Stattdessen informierte Susanne Köhler in einem kompakten Beitrag über die Inhalte der Konvention und ihre Umsetzung in Deutschland und Tschechien. Während die Umsetzung in Sachsen bereits im Gange ist und durch regelmäßige Überprüfung durch die GREVIO-Gruppe begleitet wird, bleibt Tschechien deutlich hinter den Anforderungen zurück. Die Ablehnung der Ratifizierung im Januar 2024 verdeutlicht die politischen Spannungen rund um das Thema. Traditionelle Rollenbilder, fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen und ein geringer Rang im europäischen Gleichstellungsindex erschweren dort die notwendigen Fortschritte.

Gesellschaftliche Entwicklungen im Fokus

Im Anschluss vertieften zwei Workshops die zuvor gesetzten Impulse. Im ersten Workshop stand die Frage im Mittelpunkt, wie antifeministische Strömungen – insbesondere rechte und anti-gender Bewegungen – die gesellschaftliche Gleichstellung untergraben. Es wurde deutlich, dass Antifeminismus längst kein Randphänomen mehr ist, sondern Teil eines autoritären Weltbilds, das sich mit anderen diskriminierenden Ideologien wie Rassismus und Antisemitismus verknüpft. Diskutiert wurden vor allem die Mechanismen, über die sich antifeministische Haltungen in Politik, Medien und Alltagsdiskursen festsetzen – von sozialen Medien bis in die parlamentarische Sprache. Gemeinsam wurden erste Strategien erarbeitet, wie diesen Entwicklungen begegnet werden kann: durch Stärkung solidarischer Netzwerke, Aufklärungsarbeit in Schulen, regulierende Maßnahmen im digitalen Raum und durch eine klare, zugängliche Sprache in gleichstellungspolitischen Debatten.

Der zweite Workshop richtete den Blick auf Männer als mögliche Partner in der Gleichstellungspolitik. Ausgehend von der Erkenntnis, dass patriarchale Rollenvorstellungen nicht nur Frauen, sondern auch Männer einschränken, diskutierten die Teilnehmenden, wie Männer stärker in Gleichstellungsprozesse einbezogen werden können. Dabei ging es sowohl um die Auseinandersetzung mit traditionellen Männlichkeitsbildern als auch um neue, vielfältige Rollenmodelle, die emotionalen Ausdruck und Fürsorge nicht ausschließen. Es wurde betont, wie wichtig eine Sprache ist, die lebensnah ist und nicht ausgrenzt. Programme für Väter, Beratungsangebote oder Bildungsformate speziell für Männer könnten dazu beitragen, neue Zugänge zu schaffen. Die klare Botschaft: Gleichstellung ist eine gemeinsame Aufgabe und nur dann erfolgreich, wenn sie alle Geschlechter mitdenkt.

Eine Vielfalt an Perspektiven

Die Konferenz war geprägt von einem breiten Spektrum an Teilnehmenden. Aus Sachsen waren unter anderem Mitarbeitende aus kommunalen Verwaltungen, Vertreter:innen aus der Politik, Gleichstellungsbeauftragte, Wissenschaftler:innen und Engagierte aus Verbänden und Initiativen dabei. Auf tschechischer Seite nahmen unter anderem das Außenministerium, Amnesty International, das Gender Studies Zentrum in Prag, Fórum 50 % sowie die Heinrich-Böll-Stiftung Prag teil. Die unterschiedlichen beruflichen Hintergründe bereicherten die Diskussionen und machten deutlich, wie vielfältig das Engagement für Gleichstellung heute ist.

Fazit

Die Konferenz hat gezeigt: Gleichstellungspolitik endet nicht an Landesgrenzen. Im Gegenteil, sie braucht Austausch, Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis über nationale Unterschiede hinweg. Der offene Dialog zwischen Sachsen und Tschechien war ein starkes Zeichen dafür, wie wichtig europäisches Denken und gemeinsames Handeln in diesem Feld sind.

Wir danken allen Teilnehmenden für ihre Beiträge, ihre Offenheit und ihr Engagement. Die Konferenz hat viele Denkanstöße gegeben und wir freuen uns auf eine Fortsetzung des Austauschs, denn Gleichstellung kennt keine Grenzen.